
Wir haben es schon einmal gesagt und wiederholen es gerne: Die Medienbranche sitzt auf einer unerschlossenen Goldmine an Daten. Doch wie kann die Branche als Ganzes von diesen weitgehend unberührten Daten profitieren? Während der TEMS Speculative Design Session am 10. September im Netherlands Institute of Sound & Vision haben wir uns dieser Frage angenommen.

Kick Off
Der Tag begann mit einer herzlichen Begrüßung durch Johan Oomen, den Leiter der Abteilung „Forschung und Kulturerbe“ von Sound & Vision. Er stellte uns den Veranstaltungsort vor: eines der größten digitalisierten Medienarchive der Welt. Sound & Vision war an der Entwicklung von Europeana beteiligt, einem der ersten Datenräume von Kulturerbe. Aufbauend auf dieser Erfahrung leistet Sound & Vision nun einen Beitrag zu TEMS sowie zu einigen anderen Initiativen für europäische Datenräume.

Anschließend folge Rajae el Morabet Belhaj, MEDIA-Beraterin bei Dutch Culture | Creative Europe Desk NL. In dieser Funktion unterstützt sie Kreative und Fachleute aus der Branche dabei, passende Fördermöglichkeiten im Rahmen des Programms „Creative Europe“ zu finden, das den gesamten audiovisuellen Sektor unterstützt. Die Medienlandschaft entwickelt sich ständig weiter und der Creative Europe Desk sorgt dafür, dass vielfältige und innovative Geschichten auch zukünftig ihr Publikum finden.

TEMS – der aktuelle Stand
Bevor Johan einige inspirierende Beispiele vorstellte, brachte er das Publikum auf den neuesten Stand hinsichtlich der europäischen Strategie für Daten, Datenräumen und insbesondere TEMS. Haben Sie sich jemals einen Datenraum als Picknick vorgestellt? Nun, von nun an werden Sie genau das tun.
Johan ging näher auf die vier Schwerpunktbereiche von TEMS ein:
- Faktenchecks und Nachrichtenaustausch: Zusammenarbeit mit Verlagen, Agenturen und Faktenprüfern; Ermöglichung neuer Geschäftsmodelle für Content-Anbieter
- Publikums- und Werbeanalyse: Analyse von Verhalten und Leistung zur Optimierung von Werbung und Personalisierung der Nutzererfahrung
- Syndizierung und Rechteverwaltung: Standardisierung von AV-Metadaten während der Produktion zur Verbesserung der Auffindbarkeit und Sicherung von Rechten und Vergütungen
- VR und neue Formate: Sammeln und Austauschen von 3D-Daten sowie Produktion virtueller und spielbasierter Median

Inspirationsquellen
Nach den Begrüßungsworten von Johan und Rajae sowie einer Einführung in TEMS war es an der Zeit, einige inspirierende Gedanken in den Köpfen unseres Publikums zu säen. Was ist möglich, wenn Daten sektorübergreifend ausgetauscht werden? Welche Fallstricke, Probleme oder Schwierigkeiten können dabei auftreten? Dana Coppens, UX-Forscherin bei VRT, stellte TEMS Trial 8 vor. Dabei handelt es sich um eine Markt- und Co-Creation-Plattform für 3D-Umgebungen in der virtuellen Produktion. Sie ist ein Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Daten zwischen Medienfachleuten ausgetauscht werden. Dieses Tool innerhalb von TEMS unterstützt die Entwicklung und Wiederverwendung innovativer Medienformate in der virtuellen Produktion.
Anschließend hielt Maxime Valette, der Gründer von Betaseries, einen Vortrag über die Auswirkungen der KI-Entwicklungen auf verschiedene Kultur- und Kreativbranchen, wie Musik, Gaming, bildende Kunst und audiovisuelle Medien. Durch Einbettungen werden kulturelle Inhalte in mathematische „Fingerabdrücke“ umgewandelt, die ihre Bedeutung erfassen. Als Webentwickler und Unternehmer, der schon in jungen Jahren aktiv war, hat Maxime stets mit neuen Technologien experimentiert und betrachtet diese Einbettung als kulturelle Revolution. Die KI-Technologie von Betaseries wurde entwickelt, um Hunderte von Stunden an Inhalten zu indexieren und zu analysieren. Durch den Einsatz von KI-Modellen bietet sie eine neue Perspektive auf Inhalte.

An die Arbeit – Spekulationen über die Nutzung von Datenaustausch
Inspiriert begannen die Teilnehmenden mit dem interaktiven Teil der Sitzung. Mithilfe sogenannter Empathiekarten begannen die Teilnehmenden in Zweiergruppen mit einem Brainstorming über potenzielle Nutzer, die von datenbezogenen Erkenntnissen oder Tools profitieren könnten. Mögliche Nutzer können beispielsweise Fachleute aus dem Medienbereich sein, wie Filmemacher, Produzenten, Rundfunkveranstalter oder Verleger. Oder Endnutzer von Medienprodukten, die beispielsweise auf der Grundlage ihres bisherigen Medienkonsums nach branchenübergreifenden Empfehlungen suchen. Einige Paare nannten auch Nutzer außerhalb der Medienbranche wie Forscher oder Verhaltensexperten, die Trends in den Medien über Jahre hinweg untersuchten. Das Fazit dieser Übung lautet: Ein branchenübergreifender Datenraum kann für viele verschiedene Nutzer nützlich und interessant sein.

Die Paare fanden sich dann in Gruppen zusammen und diskutierten die Probleme und Lösungen, die die verschiedenen Nutzer haben könnten. Ein Dokumentarfilmer könnte beispielsweise auf der Suche nach schönem AV-Material für einen neuen Film sein. Das Problem: Wo soll man mit der Suche beginnen? Was ist verfügbar? Und wenn man etwas gefunden hat: Wie sieht es mit den Rechten für die Wiederverwendung aus? Die Liste der Probleme könnte endlos so weitergehen. Es gibt jedoch auch Lösungen. Denken Sie beispielsweise an einen Katalog innerhalb eines Datenraums mit einer hochwertigen Suchmaschine, der einen Überblick darüber bietet, was verfügbar ist, wo es zu finden ist und welche Rechte und Vorschriften gelten.
Nachdem die Gruppen die Vor- und Nachteile für mögliche Zielgruppen eines Datenraums aufgeschrieben hatten, füllten sie ein Discovery-Template aus. In dieser identifizierten sie konkrete Fragen oder Probleme, die mit Daten angegangen werden können und gaben an, welche Art von Daten zur Lösung erforderlich ist. Die Teilnehmer entwickelten nützliche Bereiche für Metadaten, standardisierte Identifikatoren für eine einfachere Suche und vieles mehr.

Es folgte die Ideenfindungsphase, in der das Ziel darin bestand, aus vielen Ideen einen Nutzer mit einem bestimmten Problem herauszuarbeiten und eine auf dessen Bedürfnisse zugeschnittene Lösung zu entwickeln. Welche Datenerkenntnisse würden ihm Zeit sparen? Was würde ihm helfen, neue Chancen zu erkennen? Wie würde der Nutzer mit den Ergebnissen der Datenanalysen interagieren? Welche Datenvisualisierungen würde er sich wünschen? Anhand einer Reihe von Leitfragen entwickelte jedes Team einen konkreten Anwendungsfall mit einem detaillierten Nutzerversprechen, das anschließend in einen Papier-Prototyp umgesetzt wurde.
Paper prototypes

Aus Tischen voller Post-its, Aufklebern, Washi-Tape, Karton, Bleistiften, Kleber, Scheren und vielem mehr entstanden fünf wunderschöne Papierprototypen:
- VR Aggregator Alligator – ein Anwendungsfall, der sich um Trends in der VR dreht, einschließlich eines interaktiven digitalen Tools mit einer VR-Trend-Zeitleiste, auf der Produzenten und Designstudios Erkenntnisse, 3D-Modelle, bewährte Verfahren und vieles mehr austauschen können.
- Uri: Bring the fun into funding! – ein Tool innerhalb eines Datenraums mit zwei Zielgruppen: Künstler und Geldgeber. Während das klassische Finanzierungsmodell darauf basiert, dass Künstler Vorschläge einreichen, verfolgt dieses Tool einen neuen Ansatz, bei dem Künstler ihre Arbeiten und Ideen (einschließlich zahlreicher Metadaten!) in einem Datenraum teilen können, wo sie im Handumdrehen gefunden und mit mehreren Finanzierungsplattformen abgeglichen werden können.

- Imbedding – ein cloudbasiertes Modell mit Personas für Verbraucher, das die Algorithmen der großen Tech-Unternehmen außer Kraft setzt. Während große Akteure wie Netflix, Google und Amazon die Macht über die Trends des Publikums haben, gibt diese innovative Idee diese Macht an den Einzelnen zurück und ermöglicht es ihm, Personas für seine Mediennutzungspräferenzen zu erstellen und zu kuratieren, die Empfehlungen für Inhalte aus allen Bereichen liefern, die auf seine Wünsche zugeschnitten sind.
- Cultural Starter App – eine bidirektionale Kanal-App, sowohl für Produzenten als auch für Konsumenten. Die Idee dabei ist, dass beispielsweise Theatermacher, Spieleentwickler und Rundfunkveranstalter Zuschauer-Daten und Erkenntnisse austauschen, sich gegenseitig informieren und branchenübergreifende Empfehlungen geben. „Dir hat diese Fernsehsendung gefallen? Dann könnte dir diese Oper auch gefallen!“
- Richtlinien und Empfehlungen – Das letzte Team hat keinen konkreten Prototyp entwickelt, sondern eher einige sehr wichtige Gedanken und Ideen zu Richtlinien und Empfehlungen für einen erfolgreichen Datenaustausch zusammengetragen.

Schlussworte
Angesichts all dieser innovativen und unkonventionellen Ideen, die zu spekulativen Entwürfen führten, war es an der Zeit, zu TEMS zurückzukehren. Lucille Verbaere, Projektmanagerin bei der European Broadcasting Union for Technology and Innovation, gab einen Überblick über den aktuellen Stand von TEMS und darüber, wie die heutigen Erkenntnisse den Datenraum in naher Zukunft beeinflussen werden.
Auch nach einem langen Tag voller Vorträge und Zusammenarbeit blieb das Publikum engagiert, und Lucille leitete eine lebhafte Diskussion darüber, wo TEMS derzeit steht und wohin es in Zukunft führen wird.
Wir blicken auf eine sehr erfolgreiche erste Veranstaltung zurück, die Datenbegeisterte und Skeptiker aus verschiedenen Bereichen wie Gaming, Film, Rundfunk, darstellende Kunst und mehr zusammengebracht hat, und können es kaum erwarten, zu sehen, was als Nächstes kommt!
